Seminarzyklus
Changeprozess in der Verwaltung

Ein Ausbildungszyklus für ein Bundesamt

Ausgangslage

Die Schweiz ist neben einigen anderen Ländern wie z.B. Neuseeland führend in der Umsetzung der Modernisierung des Staates nach dem Modell des New Public Management (NPM). Die Kernidee von NPM ist, dass der Bürger von der Verwaltung nicht verwaltet wird, sondern als Kunde wahrgenommen und behandelt wird.

In der Schweiz erfolgt seit etwa 2004 eine Offensive, um die Reaktionsfähigkeit der Verwaltungseinheiten zu erhöhen, und zwar bei gleichzeitiger stärkerer Einbindung der Verwaltung in die Führungsverantwortung. Im Laufe dieses Prozesses wurden verschiedene Bundesämter vom früheren kameralen Verwaltungsprinzip zu sogenannten FLAG-Ämtern umgestaltet, d.h. zu Ämtern, die nach dem Prinzip „Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget" operieren.

In den Kantonen laufen parallel dazu ähnliche Programme zur Verwaltungsreform, und zwar unter verschiedenen Begriffen NPM (New Public Management) oder WOF (Wirkungsorientierte Verwaltungsführung). Anders als auf Bundesebene wurde auf Kantonsebene oft der Aspekt eines möglichen Sparpotentials in den Vordergrund gestellt.

Der Seminarzyklus

ConPlus wurde eingeladen, für etwa vierhundert Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eines Bundesamtes einen Seminarzyklus zu konzipieren und durchzuführen, um die Einführung von FLAG zu begleiten und die neue Kultur zu etablieren.

Bei allen Change-Projekten ist es immer wieder eine Herausforderung, die oftmals langjährigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dafür zu gewinnen, sich von eingespielten und liebgewonnenen Prozessen, Aufgaben und der dazugehörenden Kultur zu trennen und den Schritt zu etwas Neuen, noch Unbekannten und Fremden zu wagen.

Im Projektteam war schnell Einigkeit, dass ein solcher Kulturwandel nicht durch ein ein- oder zweitägiges Seminar erreicht werden kann. Es wurde entschieden, dass ein je nach Aufgabenbereich und Hierarchiestufe für die Mitarbeitenden mehrere Seminarblöcke zu verschiedenen Themen angeboten werden, und zwar über einen Zeitraum von drei Jahren, und zwar zu den Themen Organisation, Kostenrechnung und Kundenorientierung.

Organisation

Parallel zur Einführung des Führungsmodells FLAG stand das Bundesamt vor der Herausforderung, aufgrund von sich verändernden Aufgaben einen Stellenabbau im zweistelligen Prozentbereich zu meistern. Obwohl niemand mit Entlassung rechnen musste, bringt eine derartige Reorganisation viel Unruhe und Ängste mit sich.

Das Ziel des Seminarzyklus „Organisation" war deshalb, Ängste abzubauen und die Vorteile der neuen Organisation aufzuzeigen. ConPlus erarbeitete ein Konzept mit Brettspiel-Simulatoren: in Kleingruppen sind die Mitarbeitenden aufgefordert, ihre Verwaltungseinheit während mehrerer Jahre durch den Veränderungsprozess zu führen. Der spielerische Ansatz erlaubt, dass auch heikle Themen angesprochen werden. Und in der Kleingruppe kann vieles informell diskutiert werden. Zum Erfolg wesentlich hat dabei die intensive Betreuung der Gruppen beigetragen: jeder Kleingruppe stand während der gesamten Seminardauer ein Moderator zur Seite.

Kostenrechnung

Anders als die Einführung einer neuen Organisation ist die Einführung einer Kosten-Leistungsrechnung eine trockene Angelegenheit!
Trotzdem: mit der Einführung von NRM bzw. FLAG wird jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter direkt oder indirekt mit der Kosten-Leistungsrechnung konfrontiert.
Deshalb wurden Führungskräfte, GruppenleiterInnen und Kostenstellenverantwortliche an einem zwei- bis dreitägigen Seminar die Grundlagen der Kosten-Leistungs-Rechnung eingeführt.

Vom Projektteam wurde entschieden, dass auch bei diesem Thema nicht die Vermittlung von theoretischem Wissen im Vordergrund stehen soll, sondern das Erleben, welche Wirkungen die eigenen Entscheide im Arbeitsumfeld haben.

 

Für jede Verwaltungseinheit wurde ein Kostenrechnungssimulator erstellt, mit dem die Struktur der KLR der jeweiligen Verwaltungseinheit abgebildet wird. Im Seminar werden in Zweierteams verschiedene Cases bearbeitet und die Teilnehmenden werden schrittweise in die KLR eingeführt.

Es wurden folgende Themen bearbeitet:

  • den Wertefluss ihrer Organisation aufzuzeichnen und zu erklären
  • die verschiedenen Kreditarten aufzuzählen und zu erklären
  • das Verrechnungsmodell innerhalb und ausserhalb des Departementes aufzuzeichnen und die einzelnen Verrechnungsarten zu erläutern
  • die wichtigsten Hebel eines Kostenstellenverantwortlichen zur Beeinflussung des Tarifs (Stundensatz) aufzuzählen und zu begründen
  • die wichtigsten Hebel eines Produkt-/Produktgruppenverantwortlichen zur Beeinflussung der Ergebnisse auf DB Produkt und DB Produktgruppe aufzuzählen und zu begründen.

Kundenorientierung

Mit der Einführung von FLAG ist eine Fokussierung auf den zu erstellenden Output verbunden. Eng damit verknüpft ist die Ausrichtung auf den Kunden bzw. die Stakeholder der Organisation und die zu erbringenden Leistungen.

Zu diesem Thema wurde ein Seminar entwickelt, dass den Umgang mit sich und anderen in den Mittelpunkt stellt. Dies ist naturgegeben ein heikles Thema und es sollte unbedingt vermieden werden, dass die Teilnehmer sich schlecht fühlen oder dass Schuldzuweisungen im Raum stehen. Unterstützend wirkte die Illustration der Seminarunterlagen mit einer eigens geschaffenen Comic-Figur.
Es wurde ein Ansatz gewählt der aufzeigt, dass mein bisheriges Verhalten im bisherigen Umfeld ok war ... und dass es in einem veränderten Umfeld nun ein angepasstes Verhalten braucht.

Während des Seminars werden in verschiedenen Sequenzen folgende Themen behandelt:

  • Theorie zum Thema Kundenorientierung, speziell aus Sicht einer FLAG-Organisation
  • was sind interne und externe Kunden?
  • welche Erwartungen hat ein Kunde an unsere Organisation?
  • Umgang mit schwierigen Kunden und Reklamationswesen: das Verhaltensprofil DISG
  • kundenorientierte Kommunikation: Kundenkiller erkennen und vermeiden – Einführung in das Kommunikationsmodell von Schulz von Thun
  • Umsetzung der Kundenorientierung in der betreffenden Organisation.

Methode

Das Seminar umfasst verschiedene Blöcke von Theorie-Inputs. Diese werden mit Übungen in Kleingruppen vertieft, dabei können Fragen zur Umsetzung direkt mit den Seminarleitern besprochen werden.

Ein Kernelement ist der Weg zum Transfer des Gelernten in den Alltag. Dies kann durch die Initiierung eines geeigneten Programmes erfolgen, beispielsweise das Erarbeiten von Leitsätzen zum kundenorientierten Verhalten im Rahmen des Ausbildungszyklus und die anschliessende Implementierung in der Organisation.

Besondere Nachhaltigkeit ergibt sich mit einem kürzeren Refresher-Workshop nach einigen Monaten, wo erste Erfahrungen ausgetauscht werden, ergänzt durch einige wenige zusätzliche Inputs.

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